MUSICA OBLITA

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Konzert für zwei Klaviere und Orchester B-Dur op. 45

Der früheste Beleg für die Existenz des Konzertes für zwei Klaviere B-Dur op. 45 stellt Eberls „Akademie“ vom 6. Januar 1804 dar. Wenn man unterstellt, dass Eberl mit neuen und unbekannten Kompositionen an die Öffentlichkeit gehen wollte, darf angenommen werden, dass das Werk im Laufe des Jahres 1803 komponiert wurde – ebenso wie weitere bedeutende Werke Eberls, die Sinfonie Es-Dur op. 33 und das Klavierkonzert Es-Dur op. 40 beispielsweise, die im gleichen Konzert erstmalig erklangen. Solistin im Doppelkonzert war neben Eberl selbst seine Schülerin Hohenadl. Die Kritik nahm das Konzert – wie die anderen in der „Akademie“ gespielten Kompositionen Eberls – sehr positiv auf:

Ein grosses Doppelkonzert von Eberl von ihm und seiner Schülerin, Fräulein Hohenadl gespielt, aus b dur, hat alle Vorzüge des ersten [i.e. op. 40], nur noch mehr Anmuth, Melodie und Lieblichkeit.[1]

Der Erfolg dieses Konzerts drang bis nach Berlin; in einem Korrespondentenbericht aus Wien, der in dem von August von Kotzebue herausgegebenen Unterhaltungsblatt Der Freimüthige oder Ernst und Scherz erschien, kommt, nachdem der Rezensent bereits lobende Worte für das Klavierkonzert op. 40 und die Sinfonie op. 33 gefunden hatte, das Doppelkonzert besonders gut weg:

 Noch mehr gefiel ein großes Doppelkoncert auf zwei Pianoforte, von Hrn. Eberl und seiner Schülerin, Fräulein Hohenadl gespielt, welche in einem bewunderungswürdigem Grade, Stärke und Präcision mit Leichgtikeit und Zartheit verbindet. Sehr zu billigen ist es hier besonders, daß Herr Eberl die gewöhnliche Koncertenform verlassen und statt der [sic!] Andante einen sehr brillanten Marsch eingelegt hat, nach welchem dann nach einem kurzen, aber trefflich gelungenen Intermezzo, schnell das feurige, lebhafte und angenehme Rondo eintritt.[2]

In einem weiteren Konzert am 25. Januar 1805, in dem auch seine Sinfonie d-Moll op. 34 erstmalig erklang, führte Eberl das Doppelkonzert erneut auf. Wiederum waren Eberl selbst und seine Schülerin Hohenadl die Solisten; und wieder zeigte sich die Kritik begeistert:

[...] ganz vortrefflich aber ist das Doppelkonzert aus B. Dur. Statt des Andante ist ein schöner Marsch eingelegt, bey welchem die Blasinstrumente mit der grössten Einsicht und dem feinsten Geschmacke benuzt sind. Eben so ist das letzte Stück, mit einem sehr angenehmen fugirten Satze, meisterlich. Herr Eberl und seine Schülerin, Fräulein Hohenadl, spielten mit all der Leichtigkeit, Präzision, Stärke und Delikatesse, die man an ihnen kennt.[3]

Auch während seiner Konzertreise in der ersten Jahreshälfte 1806 spielte Eberl mehrfach sein Doppelkonzert. Da Frau Hohenadl ihn auf der Tournee nicht begleitete, war er auf ortsansässige Pianisten als Secondo-Spieler angewiesen. Das Doppelkonzert spielte er auch am 26. März 1806 in Berlin, und sein Mit-Solist war, wie aus folgender Besprechung in der Allgemeinen musikalischen Zeitung hervorgeht, niemand anders als der nicht einmal 15 Jahre zählende Giacomo Meyerbeer (1791-1864), der seiner Zeit als „der junge Beer“ einen Ruf als Wunderkind auf dem Pianoforte genoss. Der Korrespondent berichtet über Eberls Konzert, den Herausgeber Friedrich Rochlitz direkt ansprechend:

Er spielte mit dem Ihnen schon oft gerühmten jungen Beer, ein von ihm komponirtes (noch nicht gedrucktes) Doppelkonzert für zwey Fortepiano, und Variationen über den beliebten Marsch aus der Oper Blaubart für zwey Fortepiano [op. 31] auch von seiner Komposition. Diese an lebhaften Ideen und kunsterfahrner Gruppirung derselben vollen, überhaupt sehr schätzbaren Kompositionen wurden, so wie Hrn. Eberls brillantes, vorzüglich äusserst fertiges Spiel, mit vielen und verdientem Beyfall aufgenommen.[4]

In Frankfurt am Main spielte Eberl am 16. Mai das Doppelkonzert mit einem Herrn Hofmann als zweitem Pianisten, er fand allerdings „nur mässigen Beyfall“.[5] In Weimar und in Mannheim, wo er am 1. Mai bzw. am 25. Mai konzertierte, spielte er das Konzert nicht; möglicherweise hatte er keinen geeigneten zweiten Pianisten gefunden.[6]

Mit seiner Schülerin Hohenadl spielte Eberl das Konzert zum dritten Mal offenbar im Dezember 1806 in Wien; auch diesmal glänzten die Solisten „in diesem lieblichen, schön gedachten, und vortrefflich instrumentirten Konzert“, wobei insbesondere „Fräulein Hohenadl“ mit ihrer „Reinheit, Präcision und Delikatesse[7] das Interesse des Rezensenten erregte.

Obwohl öffentlich dazu aufgefordert[8] gab Eberl seine neuesten Konzertkompositionen vorerst nicht im Druck heraus; einige Monate nach Eberls Tod, im August 1807, meldete die Allgemeine musikalische Zeitung:

Einen grossen Theil des Eberlschen Nachlasses, darunter das Klavier-Doppelkonzert aus B dur, welches Ihre Zeitung mit dem gebührenden Lobe anzeigte, [...] hat das hiesige Kunst- und Industriecomtoir an sich gebracht.[9]

Das Doppelkonzert erschien jedoch erst im Jahr 1809, und, wie das Titelblatt des Stimmdrucks kund gibt, in der Herausgabe durch Eberls Witwe. Sie widmete es, wie es gewiss auch nahe lag, der Schülerin „Mademoiselle Hohenadl“.[10]

Bert Hagels

[1] „Nachrichten. Wien“, in: AmZ VI (1803/04), Sp. 467-471, hier Sp. 470.

[2] „Aus Wien. Musik“, in: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz 2 (1804), S. 54-55: hier S. 55.

[3] „Wien, den 28ten Jan.“, in: AmZ VII (1804/1805), Sp. 319-323; hier: Sp. 322.

[4] „Berlin, den 29sten März“, in: AmZ VIII (1805/06), Sp. 457-459; hier Sp. 458.

[5] „Frankfurt“, in: AmZ VIII (1805/06), Sp. 570-571; hier Sp. 571.

[6] „Capellmeister Eberl’s Concert in Weimar“, in: Journal des Luxus und der Moden 21 (1806), S. 315f.; „Mannheim“, in: AmZ VIII (1805/06), Sp. 650-654; hier Sp. 650f.

[7] „Wien, den 24sten Dec.“, in: AmZ IX (1806/07), Sp. 232-235; hier: Sp. 234.

[8] „Es ist wirklich zu wünschen, das[s] Eberls vortreffliche, größere Werke, seine Sinfonien sowol als seine ganz im Mozartschen Geiste geschriebenen Klavierkonzerte, durch den Stich bald allgemein verbreitet werden möchten.“ „Wien, Anfang des Mays“, in: AmZ VII (1804/05), Sp. 532-537; hier: Sp. 536. Seine beiden späten Sinfonien (opp. 33 und 34) erschienen noch – im Unterschied zu den beiden letzten Klavierkonzerten  (opp. 40 und 45) – zu seinen Lebzeiten.

[9] „Wien, den 5ten August“, in: AmZ IX (1806/07), Sp. 747-750; hier Sp. 749.

[10] Genaueres über sie ist nicht bekannt, nicht einmal der Vorname ist überliefert. Eine Kurzbiographie befindet sich auf der Internet-Präsenz des Sophie Drinker Instituts für musikwissenschaftliche Frauen- und Geschlechterforschung: http://www.sophie-drinker-institut.de/Hohenadl.htm .[Stand: 12.02.2008].

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