MUSICA OBLITA

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Unbekannte Orchesterwerke der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

herausgegeben von Bert Hagels

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war keineswegs abzusehen, dass sich Beethovens Orchesterwerke, allen voran die Sinfonien und Ouverturen, als für das ganze 19. Jahrhundert gattungsbestimmende Paradigmata durchsetzen würden. Publikumsgeschmack wie zeitgenössische Musikkritik hatten die späten Sinfonien Joseph Haydns, deren Erfolg sich ab Mitte der 1790er Jahre von London aus über den europäischen Kontinent ausbreitete, zu exempla classica der Gattung erhoben, gegenüber deren Musterhaftigkeit selbst die letzten drei Sinfonien Mozarts nur als singuläre Lizenzen eines früh verblichenen Götterlieblings zu rechtfertigen waren. 

Allmählich erst stiegen Mozart und später auch Beethoven in den Kanon der Komponisten auf, deren Werken "Unsterblichkeit" zugesprochen wurde. Im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts traten ihnen freilich noch andere Komponisten zur Seite, die erst im Laufe der folgenden Jahrzehnte in Vergessenheit gerieten. Stellvertretend für viele ähnliche Urteile sei hier eine generalisierende Feststellung aus der Zeitschrift für die elegante Welt aus dem Jahr 1808 zitiert:

Sinfonieen von dem großen Charakter, von der kunstreichen Anlage und Ausführung, von dem Reichthum an origineller romantischer Dichtung, und von der schönen Zusammenstimmung aller ihrer Theile zu einem interessanten, Geist und Herz erhebenden Ganzen, wie die von Haydn, Mozart, Beethoven, Romberg, Eberl, sind ohne Zweifel die ersten Zierden unserer Konzerte. [ 1 ]

Den hier genannten Komponisten wäre Johann Wilhelm Wilms hinzuzufügen, dessen Sinfonien sich großer Beliebtheit erfreuten, und der, ebenso wie Anton Eberl sowie Bernhard und Andreas Romberg  [ 2 ], erst dann der Vergessenheit anheim fiel, als sich Beethovens Werke dieser Gattung als unüberbietbare Muster durchgesetzt hatten. 

Standen die Werke dieser Komponisten in unmittelbarer Konkurrenz zu den noch nicht etablierten Schöpfungen Beethovens, so sah sich die nachfolgende Komponistengeneration, zu nennen wären z.B. Ferdinand Ries (1784-1838), George Onslow (1784-1853), Friedrich Ernst Fesca (1789-1826) und Johann Wenzel Kalliwoda (1801-1866), dem Problem ausgesetzt, einen Individualstil zu entwickeln, ohne sich von dem durch Beethovens Musik gesetzten Standard zu weit zu entfernen. Ein zeitgenössischer Rezensent umriss das Dilemma im Jahr 1829 folgendermaßen: 

 Nähern sich diese Tondichtungen anderer Componisten den Beethoven'schen zu sehr, so verwirft man sie nur zu leicht als Nachahmungen, stehen sie jenen zu fern, so sprechen sie in der Regel nicht an. Fällt also das Schiff nicht in die Scylla, so fällt es in die Charybdis. [ 3 ] 

Dass dabei durchaus individuelle Formgestaltungen und originelle Personalstile nicht ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt wurden, kann deshalb nicht verwundern.

Bert Hagels

Franz Danzi (1763-1826)

Anton Eberl (1765-1807)

Bernhard Romberg (1767-1841)

Johann Wilhelm Wilms (1772-1847)

Sigismund Neukomm (1778-1858)

Louis Spohr (1784-1859)

Ferdinand Ries (1784-1838)

George Onslow (1784-1853)

Friedrich Ernst Fesca (1789-1826)

Johann Wenzel Kalliwoda (1801-1866)

[ 1 ] [Rez.:] Symphonie à grand Orchestre […] composée par Andr. Romberg.IIme Symphonie. O. 22., in: Zeitschrift für die elegante Welt 8 (1808), Sp. 1646-1647, hier Sp. 1646.

 

[ 2 ] Informationen online zu Andreas Romberg siehe hier.

 

[ 3 ] [Rez.:] Seconde Sinfonie […] par J. W. Kalliwoda, in: Allgemeine musikalische Zeitung XXXI (1829), Sp. 721.

Zuletzt bearbeitet: 07.06.2013