MUSICA OBLITA

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Sextett für Klavier, Harfe, Klarinette, Horn, Fagott und Kontrabass g-Moll op. 142 

Das Sextett für Klavier, Harfe, Klarinette, Horn, Fagott und Kontrabass g-Moll op. 142 ist trotz seiner hohen Opus-Nummer nach der autographen Datierung schon 1814 entstanden. Ries hatte erhebliche Schwierigkeiten, einen Verleger für das Werk zu finden; so bot er das Werk zusammen mit dem Quintett h-Moll op. 74 im Herbst 1815 vergeblich dem Leipziger Verleger C. F. Peters an; acht Jahre später, im August 1823, versuchte er es erneut bei dem Londoner Verleger Boosey – wieder vergeblich. Offenbar schien den Verlegern das Risiko zu groß, ein Werk mit solch ausgefallener Besetzung zu publizieren. Denn als es 1826 endlich in Mainz bei Schott erschien, war auf dem Titelblatt nicht nur angemerkt, dass man die Harfe durch ein zweites Klavier ersetzen könne, sondern es wurden gleichzeitig Stimmen für Violine, Viola und Violoncello herausgegeben, so dass das Werk auch als Quintett für 2 Klaviere und 3 Streicher gespielt werden konnte. Darüberhinaus wurde zusätzlich eine Version für 2 Klaviere allein angeboten.

Dem Hauptthema des ersten Satzes, Allegro ma non troppo im ¾-Takt, gehen vier durch Fermaten gedehnte Akkorde zur Umschreibung der Grundtonart g-Moll voraus; ihr schrittweises Verlöschen im pp nimmt den lyrisch-elegischen Grundcharakter dieses Satzes voraus, der kaum durch virtuose Passagen oder ff-Tutti gemindert wird; dem von seufzerartigen Sekundvorhalten geprägten, sanglich fließenden Hauptthema wird nach einer ausgedehnten, Grundtonart und Paralleltonart kaum verlassenden Überleitung ein Seitenthema in B-Dur gegenübergestellt, das mit seiner akkordischen Faktur einen rein satztechnischen Kontrast zum Hauptthema bildet. Bei seiner Wiederholung wird überraschend nach es- und b-Moll moduliert, Abspaltungen des Themenkopfes in den Bläsern führen bis nach Ges- und Ces-Dur. Der Anfang der Durchführung bringt eine Überraschung, indem nach der Wiederaufnahme der das Werk eröffnenden, durch Fermaten gedehnten Akkorde nicht das Hauptthema erscheint, sondern das Seitenthema, dessen einzelne Motive nun gegeneinander gestellt oder miteinander kombiniert werden; so entsteht ein thematisch dichtes Gewebe, das sich nach 20 Takten auflöst in eine unthematische harmonische Fläche, die weiträumig f-Moll umschreibt, bevor die Dominante der Grundtonart, D-Dur, die Reprise vorbereitet; thematisch wird die Reprise durch Imitationen des Hauptthemenkopfes antizipiert. Die Reprise ist im Bereich der Überleitung stark verkürzt, und der Einsatz des Seitenthemas überrascht durch die Verwendung von As-Dur, das jedoch vor Ende des Themas wieder g-Moll weichen muss; eine Coda in beschleunigtem Tempo (Più Allegro) beendet den Satz. 

Das folgende Adagio con moto in Es-Dur und im 2/4-Takt leitet – wie der entsprechende Satz im Quintett op. 74 – attacca zum Finale über, bildet aber im Gegensatz zu diesem keine geschlossene Form aus. Sein Hauptthema nimmt mit seiner akkordischen Faktur den Gestus des Seitensatzes aus dem ersten Satz wieder auf; eine vielfältig modulierende Überleitung, die thematisch durch ein eigenes, mehrfach zwischen Bläsern und Klavier imitiertes Dreh-Motiv geprägt ist, leitet zu einem wiederum akkordisch gesetztem Seitenthema in der Dominante über, das jedoch nur episodisch bleibt, weil sofort wieder zur Grundtonart moduliert wird. Es folgt jedoch keine Reprise, sondern eine erneute Überleitung, die unter Imitationen des Hauptsatzthemenkopfes in den Bläsern unmittelbar in die ausgedehnte dominantische Vorbereitung des Finale in der Grundtonart g-Moll mündet. 

Kennzeichnet den ersten Satz eine kaum je unterbrochene elegische Grundstimmung, so ist dieses Finale, ein Rondo. Allegretto im 2/4-Takt, geprägt von einer gemächlichen Heiterkeit, die sowohl Haupt-, als auch Seitenthema (bzw. erstes Couplet) ausstrahlen, wozu gemeinsames motivisches Kernmaterial, eine Sechzehntel-Drehfigur, nicht unerheblich beiträgt. Kontrastierend wirken vor allem die thematisch unspezifischen Überleitungen, in denen die Virtuosität von Klavier und Harfe wesentlich mehr zur Entfaltung kommt als in den anderen Sätzen, und ein Poco meno allegretto als zweites Couplet, das nach Art eines Bläsertrio-Satzes gestaltet ist. Die Rondo-Form wird modifiziert durch das Fehlen des Rondothemas nach dem zweiten Couplet; nach einer stark modulierenden Überleitung mit chromatischen Melodiefragmenten in den Bläsern setzt das nach G-Dur versetzte Seitenthema ein; Ries spart sich die Reprise des Hauptthemas für eine Coda im Più Allegro auf, die das Werk unter ständigen Kadenzwendungen beschließt.

Bert Hagels

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