MUSICA OBLITA

Danzi            Eberl            Romberg             Wilms            Neukomm            Spohr             Onslow            Ries            Fesca            Kalliwoda                 Impressum

Symphonie Nr. 2 Es-Dur op. 28

Eine authentische Quelle, die Auskunft über die Entstehungszeit von Bernhard Rombergs zweiter Symphonie geben könnte, ist leider nicht überliefert; jedoch erschien kurz nach Rombergs Tod in der Allgemeinen Wiener Musik-Zeitung ein vom Wiener Musikaliensammler Aloys Fuchs (1799-1853) zusammengestelltes Verzeichnis der Werke Rombergs, das auch Angaben zu Ort und Datum der Entstehung enthält.[1] Die „Sinfonie für’s Orchester. Es-Dur. Op. 28“ wurde danach „Componirt zu Petersburg 1812“.[2] 

Die erste nachweisbare Aufführung fand am 23. Oktober 1814 in Berlin statt, und kein Geringerer als E. T. A. Hoffmann rezensierte das Konzert für die in Leipzig erscheinende Allgemeine musikalische Zeitung; hinsichtlich der Symphonie macht er zwar hinreichend deutlich, dass sie an emotionaler Wirksamkeit den Symphonien Mozarts und Beethovens nachstehe, gleichwohl aber gesteht er ihr ein ästhetisches Eigenrecht unterhalb der Sphäre der „klassischen“ Heroen zu:

In dem Konzert wurde, wie es recht und billig war, auch eine Symphonie von des Künstlers Komposition aufgeführt, die mir von neuem bewies, wie der Geist seines Spiels auch in seinen Kompositionen vorherrscht. Beiden, seinem Spiel und seinen Kompositionen, ist eine ganz besondere Klarheit, Anmut und Zierlichkeit (Eleganz) eigen, und so war auch wieder die Symphonie, sich in manchen melodiösen Sätzen und geschmeidigen Modulationen bewegend, von der angenehmsten Wirkung. Freilich war von jenen tieferen, recht das Innerste ergreifenden Anregungen, wie sie Mozartsche und Beethovensche Symphonien bewirken, nicht die Rede, und mich ließ vorzüglich der Schlußsatz recht kalt und nüchtern; indessen gibt es ja wohl gar viele, die eben nicht gern in schauerliche Tiefen hinabsteigen, sondern lieber auf lichter Fläche bleiben, und diese hören in solcher Musik, wie die Symphonie war, doch immer viel Besseres als das, was sie für gut halten; der gewohnten Kost ist manches seltnere Gewürz hinzugefügt, und so mag sich der verschwächlichte Magen nach und nach stärken.[3]

Romberg dürfte das Werk während seiner Konzertreise durch Ost- und Nordostdeutschland im Verlauf des Jahres 1815 noch häufiger aufgeführt haben, so z.B. in Leipzig am 20. April 1815. Dort gefiel Rombergs Symphonie dermaßen, dass der Rezensent des Leipziger Konzerts (vermutlich der Herausgeber der Allgemeinen musikalischen Zeitung, Friedrich Rochlitz) dem Urteil Hoffmanns, obwohl er ihm prinzipiell zustimmte, in Bezug auf die Symphonie widersprach:

Wer mehr über ihn [sc. Romberg], wie er eben jetzt im Publico aufzutreten pflegt, lesen will, den verweisen wir auf den Aufsatz in No. 2. dieser Blätter vom jetzigen Jahre. Wir unterzeichnen alles, was der Verf. desselben sagt, nur dass wir jene Symphonie höher stellen, als er, und das Finale derselben zwar auch den übrigen Sätzen nicht gleich achten, aber doch keineswegs den Eindruck davon erfuhren, den er erfahren hat.[4]

Im Druck erschien das Werk erst im Herbst 1816.[5] In den Leipziger Gewandhauskonzerten wurde das Werk für ein Jahrzehnt fast zu einer Repertoire-Symphonie,  wie die weiteren Aufführungsdaten belegen:

29. September 1817

17. Dezember 1818

9. Dezember 1819

9. November 1820

13. Dezember 1821

16. Dezember 1824

23. Februar 1826.[6]

Ein Rezensent der Aufführung vom 29. September 1817 (vermutlich der Philosoph und Musikkritiker Amadeus Wendt) hebt denn auch die besonderen Qualitäten des Werkes hervor, die im Allgemeinen mit der Hoffmannschen Charakteristik übereinstimmen, aber in der Bewertung der Einzelsätze geradezu auf das Gegenteil hinauslaufen:

Für die Symphonieenfreunde war hier durch den Vortrag der neuesten Symphonie von Bernhard Romberg gesorgt. Diese hat den heiter spielenden Glanz, welcher die meisten Werke dieses Meisters auszeichnet, und durch das Gesangvolle seiner Hauptgedanken angenehm gehoben wird. Dem ersten und dem letzten Satz würden wir den Vorzug vor den Mittelsätzen geben, die etwas gewöhnlicher in den Gedanken sind. Vorzüglich hat der letzte Satz sehr gute Effecte, und eine feurige Steigerung.“[7]

Nach der Aufführung vom 17. Dezember 1818 wurde das Werk noch als „eine meisterhaft gearbeitete[8] Symphonie hervorgehoben, Anfang 1820 (mit Bezug auf die Aufführung vom 9. Dezember 1819) hieß es knapp: „bekannt, und gut ausgeführt[9], während der Leipziger Korrespondent der Wiener Musikzeitung von „einer kunstreichen Symphonie[10] sprach. In den nächsten Jahren fand ihre Aufführung – wie alle in Leipzig bereits bekannten Werke - nur mehr kurz Erwähnung.[11] Sporadisch erklang das Werk auch andern Orts, etwa im Winter 1831/32 und wieder 1836 in Jena.[12]

Bert Hagels

[1] Aloys Fuchs, „Beitrag zur Künstlergeschichte des königl. preußischen Capellmeisters Bernard Romberg“, in: Allgemeine Wiener Musik-Zeitung 1 (1841), Nr. 109, 11.09.1841, S. 453-455.

[2] Op cit., S. 454.

[3] Die Rezension erschien im Rahmen der „Briefe über Tonkunst in Berlin“ (von denen Hoffmann nur einen schrieb) am 11. Januar 1815  in der Allgemeinen musikalischen Zeitung [im Folgenden: AmZ] XVII (1815), Sp. 17-27; die Rombergs Symphonie betreffende Passage: Sp. 20; hier zitiert nach:  E. T. A. Hoffmann: Schriften zur Musik. Singspiele (= Gesammelte Werke in Einzelausgaben Bd. 9), Berlin 1988, S. 291-292.

[4] „Leipzig“, in: AmZ XVII (1815), Sp. 322-325; hier Sp. 325.

[5] Angekündigt im Verzeichnis für die Michaelis-Messe in Leipzig 1816 und im „Intelligenzblatt“ der AmZ vom Dezember 1816.

[6] Aufführungsdaten in Leipzig nach: Bert Hagels, Konzerte in Leipzig 1779/80 bis 1847/48. Eine Statistik, Berlin 2009, CD-ROM, passim.

[7] „Ueber das hiesige Conzert“, in: Leipziger Kunstblatt für gebildete Kunstfreunde 1 (1817/18), S. 71-72; hier: S. 72.

[8] „Leipzig“, in: AmZ XXI (1819), Sp. 49-54; hier Sp. 50.

[9] „Musik in Leipzig“, in: AmZ XXII (1820), Sp. 41-49; hier Sp. 42.

[10] „Musikalische Berichte aus Leipzig“, in: Allgemeine musikalische Zeitung, mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat IV (1820), Sp. 92-96; hier Sp. 92.

[11] Aufführung vom 9. November 1820: AmZ XXIII (1821), Sp. 239; Aufführung vom 16. Dezember 1824: AmZ XXVII (1825), Sp. 125; Aufführung vom 23. Februar 1826: Berliner Allgemeine musikalische Zeitung 3 (1826), S. 94.

[12] „Jena“, in: AmZ XXXIV (1832), Sp. 451-453; hier Sp. 452; „Jena“, in: AmZ XXXVIII (1836), Sp. 865-866; hier Sp. 865.

Home        

Danzi            Eberl            Romberg             Wilms            Neukomm            Spohr             Onslow            Ries            Fesca            Kalliwoda                 Impressum