MUSICA OBLITA

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Sonate für Pianoforte und Violoncello g-Moll op. 125

Ries' dritte und letzte Sonate für Violoncello und Klavier in g-Moll op. 125 entstammt der späten Londoner Zeit; sie wurde Anfang 1823 komponiert und 1825 in London publiziert. Die Tatsache, dass Ries das Werk gleichzeitig alternativ mit einer Violinstimme ausliefern ließ, legt nahe, dass er das Werk nicht für den Gebrauch im Konzertsaal, sondern in Hinblick auf den vielfältigen Londoner Bedarf an Haus- und Gesellschaftsmusik komponiert hat, eine Vermutung allerdings, die Qualität und Schwierigkeit des Werkes keinen Abbruch zu tun imstande ist. 

Äusserlich hat - wie im Falle der Cellosonate A-Dur op. 21 - wiederum eine Cellosonate Beethovens große Ähnlichkeit mit dieser letzten und sicherlich bedeutendsten Cellosonate von Ferdinand Ries: gemeint ist die Sonate g-Moll op. 5, Nr. 2; beide Werke werden durch eine umfangreiche Introduktion eingeleitet, die weniger der harmonischen Umschreibung der Grundtonart, sondern eher der Exponierung eines Aufmerksamkeit erregenden punktierten Grundrhythmus‘ dient; die Hauptthemen beider Werke setzen nach diesen grandiosen Einleitungen piano im ¾-Takt ein und weisen einen resignativen Grundzug auf. 

Darin erschöpfen sich jedoch die Ähnlichkeiten; denn einerseits kommt Ries dem Ideal der Ausgewogenheit zwischen den Instrumentalisten viel näher als Beethoven in seiner frühen Sonate; und andrerseits weist Ries‘ Sonate formale Eigenheiten auf, die über die Formenwelt des frühen Beethoven hinausführen. Das beginnt damit, dass in der Introduktion nach der Exponierung des doppelt punktierten Einleitungsrhythmus‘ thematisches Material entfaltet wird, aus dem sich später das Hauptthema und Teile des Seitensatzes entwickeln; das findet seine Fortsetzung darin, dass die Durchführung gänzlich vom klassischen Muster abweicht, indem sie das Grave-Tempo der Introduktion wieder aufnimmt und Raum gewährt für eine lang ausgedehnte Kantilene des Cello, die sich motivisch an die Introduktion und das Seitenthema anlehnt; nach diesem Abschnitt folgt ein Allegro-Teil, in dem Fragmente des Haupt- und Seitenthemas zu neuen motivischen Gebilden zusammengefügt werden, bevor erneut das Grave wiederaufgenommen wird, das nun wörtlich aus der Introduktion zitiert und so zur Reprise des Allegro-Hauptthemas führt. All das sind Verfahrensweisen, die eher an Schumann oder Gade denken lassen als an Beethoven. 

Der langsame Satz, ein Larghetto con moto in D-Dur, weist die Grundzüge eines zweiteiligen Sonatensatzes ohne Durchführung auf; er ist sehr knapp gehalten und formal durch die Interpolierung einer sechstaktigen Cello-Kantilene in der Reprise modifiziert. Der Seitensatz setzt ohne Überleitung in einer ungewohnten Tonart, der Durvariante der Mollparallele, H-Dur ein und moduliert weiter in die entfernte Regionen von Gis-Dur. Auch dies sind Elemente einer musikalischen Sprache, die die Klarheit der klassischen Formgebung zugunsten einer ausdrucksbetonten harmonischen Vielfältigkeit preiszugeben bereit ist.

Der Finalsatz Rondo. Allegretto ist ein Rondo mit Elementen der Sonatenform; sein Thema schlägt einen burlesk-tänzerischen Ton an, dessen auftaktiger Rhythmus an eine Mischform zwischen Polka und Galopp denken läßt. Diesen Grundcharakter mildert auch ein eher lyrisches Seitenthema in der Durparallele im ersten Couplet kaum; nach der Wiederholung des Rondothemas folgt indes als zweites Couplet nicht der übliche durchführungsartige Teil, sondern ein mit Poco più lento überschriebener Abschnitt in der Trugschlusstonart Es-Dur, der der im Seitenthema angeklungenen lyrischen Emphase zum Durchbruch verhilft. Durchführungsartige Elemente lassen sich allenfalls in der kurzen Überleitung vom Es-Dur-Teil zur Reprise des Rondothemas finden. Eine kurze, den Themenkopf immer wieder aufnehmende Coda in beschleunigtem Tempo beschließt das Werk.

Bert Hagels

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