MUSICA OBLITA

Danzi            Eberl            Romberg             Wilms            Neukomm            Spohr             Onslow            Ries            Fesca            Kalliwoda                 Impressum

Sinfonie C-Dur op. 9

Wann die Sinfonie C-Dur op. 9 komponiert wurde, und ob sie, was opus-Zahl und Erscheinungsdatum nahe legen könnten, Wilms' erste Sinfonie ist, muss offen bleiben; die opus-Nummern stammen nicht vom Komponisten, sondern von seinen Verlegern; und manch nach der C-Dur-Sinfonie erschienenes Werk macht auf Grund stilistischer Befunde ein früheres Kompositionsdatum wahrscheinlich. Ebenso wenig ist festzustellen, auf welches Werk sich das früheste nachweisbare Datum der Aufführung einer Wilms-Sinfonie, der 03. Dezember 1801, bezieht.[1] Unübersichtlicher wird die Lage noch dadurch, dass eine im Intelligenzblatt der AMZ vom März 1808 angezeigte Sinfonie F-Dur op. 10 nicht mehr auffindbar zu sein scheint.[2]

Das Erscheinen des Stimmdrucks von op. 9 wurde angezeigt im Verzeichnis der zur Michaelismesse 1805 in Leipzig erschienenen Druckwerke, sowie im Kaiserlich priviligirten Reichs-Anzeiger vom 02. 02. 1806. Bereits am Neujahrstag 1806 war das Werk im Leipziger Gewandhaus erklungen[3] und außergewöhnlich positiv rezensiert worden, wenn auch Anklänge an Beethovens Erste Sinfonie nicht unerwähnt blieben:

Von Sinfonieen wurde nur Eine ganz neue gegeben, und zwar die vor einigen Monaten gestochen herausgekommene und der Amsterdamer Gesellschaft Eruditio musica gewidmete, von Wilms. Man hörte sie mit Vergnügen, und wird sie, rasch und präzis ausgeführt, überall mit Vergnügen hören, ungeachtet man dem Verfasser manche Reminiscenzen, in den Ideen selbst, wie in deren Ausführung, (vornämlich aus Beethovens Sinfonie, in C dur) nachweisen könnte. Im Ganzen erblickt man einen frischen jugendlichen Geist, nicht ohne Energie und gründliche harmonische Kenntnisse, noch weniger ohne Anmuth, Laune und treffliche Kunst der Instrumentirung. Das Finale zeichnet sich noch ganz vorzüglich auch durch Originalität, und durch eine gewisse pikante Behandlung aus, die sich nicht verkennen, aber auch nicht durch Worte schildern lässt. Es ist dies das erste grössere Werk von Hrn. Wilms; man darf wol etwas ganz Ausgezeichnetes von einem Künstler erwarten, der so anfängt! Das Orchester spielte die Sinfonie das erste Mal gut, das zweyte Mal vortrefflich.[4]

Um die gleiche Zeit war das Werk bereits in Breslau aufgeführt worden und dort ebenfalls auf Anerkennung gestoßen:

Den Anfang des Concerts machte eine uns noch sehr wenig bekannte Symphonie von Wilms, und so gerecht ich gegen alle Haydnsche und Mozartsche Symphonien etc. bin, so war es für mich doch eine außerordentlich angenehme Erfahrung, nach so langer Zeit wieder einmal etwas Neues dieser Art zu hören. [...] Die Symphonie von Wilms ward meisterhaft, und wie man schon aus der Miene mehrerer Mitspielenden wahrnehmen konnte - con amore, gegeben. Besonders machte das schöne Rondo, seiner einfachen lieblichen Melodie wegen, auf alle Zuhörer einen angenehmen Eindruck. [5]

Auf dieses Urteil bezieht sich offenbar ein knappes Jahrzehnt später der Lexikograph Ernst Ludwig Gerber (1746-1819), indem er im Wilms-Artikel seines Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (1812-14) über die Sinfonie retrospektiv berichtet:

Sie wurde 1806 von mehrern Orten gerühmt, was immer viel sagen will, da das Publikum durch Haydns und Mozarts Werke in Sinfonien sehr verwöhnt worden ist.[6]

Eine weitere Aufführung in Prag folgte im Laufe des Jahres 1806, wobei das Werk neben der Sinfonie Nr. 1 Es-Dur op. 6 von Andreas Romberg „den lautesten Beyfall[7] erhielt. Im Leipziger Gewandhaus erklang die Sinfonie noch mindestens drei Mal[8], wobei der Rezensent des Konzertes vom Neujahrstag 1808 bündig festhielt:

Die bis jetzt noch einzige [sc.: Sinfonie] von Wilms wurde eben so frisch und nett gespielt, als sie selbst ist.[9]

Auf Schloss Ludwigslust, dem Sitz des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin erklang die Sinfonie C-Dur op. 9 indes im Verlauf von fünf Jahren mindestens sechs Mal.[10]

Bert Hagels

[1] Vgl. Ernst A. Klusen, Johann Wilhelm Wilms. Leben und Werk, Buren 1975, S. 53.

[2] Nach freundlicher Mitteilung von Herrn Ernst A. Klusen (Bonn) befinden sich zwei einzelne Stimmen dieses Druckes („Violino Primo“ und „Violoncello e Basso“) zur Zeit im Bestand des Nederlands Muziek Instituut in Den Haag. - Ein vollständiges Exemplar war 1836 noch im Besitz des Verlages Breitkopf & Härtel in Leipzig; vgl. Verzeichnis geschriebener und gedruckter Musikalien, welche am 1. Juni 1836 [...] von Breitkopf & Härtel [...] verkauft werden sollen, Leipzig 1836, S. 62.

[3] Vgl. Alfred Dörffel, Statistik der Concerte des Gewandhauses zu Leipzig, Leipzig 1881, S. 77. Bei Dörffel ist zwar nur unspezifisch von „Symphonie“ die Rede, aber der nachfolgend zitierte Bericht kann sich nur auf dieses Konzert beziehen, da Dörffel für den Jahreswechsel 1805/06 kein weiteres Datum der Aufführung einer Wilms-Komposition angibt, und da für die in dem Bericht der AMZ genannten Eigenheiten des Werkes nur op. 9 in Frage kommt.

[4] Nachrichten: Musik in Leipzig (Neujahr bis Ostern), in: AMZ VIII (1805/06), Sp. 433-438; Zitat: Sp. 434f.

[5] Etwas über das letzte Concert zum Jahrsschluß in der Stadt Paris zu Breslau, in: Berlinische Musikalische Zeitung  II (1806), S. 35-36; Zitat: S. 35.

[6] Ernst Ludwig Gerber, op. cit., Sp. 584f.

[7] Musik in Prag. Zweyter Bericht, in: AMZ VIII (1805/06), Sp. 777-783; Zitat: Sp. 781.

[8] Am 01. 01. 1808, am 19. 01. 1809 und am 07.12.1809; vgl. Dörffel, op. cit., S. 77 und Bert Hagels, Konzerte in Leipzig, Berlin 2009, CD-ROM S. 505, 521, 534..

[9] Konzert in Leipzig. Neujahr bis Ostern. II. Instrumentalmusik, in: AMZ X (1807/08), Sp. 490-496; Zitat: Sp. 493f.

[10] Vgl. Klusen, op. cit., S. 141, Anm. 343.

Home        

Danzi            Eberl            Romberg             Wilms            Neukomm            Spohr             Onslow            Ries            Fesca            Kalliwoda                 Impressum