MUSICA OBLITA

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Sinfonie c-Moll op. 23

Wilms komponierte insgesamt sieben Sinfonien. Während die Entstehungszeiten der beiden letzten Werke der Gattung in d-Moll op. 58 (ca. 1819/20)[1] und Nr. 7 c-Moll (vollendet ca. 1836)[2] bekannt sind, ist die Chronologie der Entstehung der ersten fünf Sinfonien weitgehend ungeklärt. Bei vier Werken ist immerhin das Datum der Erstveröffentlichung bekannt:

Sinfonie C-Dur op. 9                                         Herbst 1805[3],

Sinfonie F-Dur op. 10 (verschollen)                     spätestens im März 1808[4],

Sinfonie Es-Dur op. 14                                      spätestens im April 1809[5]

Sinfonie c-Moll op. 23                                       Herbst 1812.[6]

Von der fünften Sinfonie, D-Dur op. 52, wissen wir, dass sie zwischen 1814 und 1819 publiziert worden sein muss.[7] Doch zu Recht sind von Ernst Klusen stilistische Gründe geltend gemacht worden, die dafür sprechen, dass die Reihenfolge des Erscheinens im Druck nicht der der Entstehung entsprechen muss.[8] Zum Teil dürfte das Datum der Entstehung erheblich früher als das der Drucklegung anzusetzen sein. So ist bereits am 03. 12. 1801 in Amsterdam eine Sinfonie von Wilms aufgeführt worden, knapp vier Jahre vor dem Erscheinen von op. 9, wobei allerdings die überlieferte Programmangabe „Nieuwe Simphonie“ nicht verrät, um welches Werk es sich gehandelt hat. [9] Auch die 1812 publizierte Sinfonie c-Moll op. 23 ist bereits Ende 1807 in Amsterdam aufgeführt worden; im März 1808 veröffentlichte die Allgemeine musikalische Zeitung (= AMZ) in Leipzig einen Bericht aus Amsterdam über die Konzerte der Eruditio Musica in der vergangenen Wintersaison; dort steht zu lesen:

Besonders bemerkenswerth fand ich die Komposition und die Ausführung einer Sinfonie aus C moll, von Wilms, von welchem geschickten Meister, der auch ein eben so braver Pianofortespieler ist, ich nachher mehrere ganz im Haydnschen Geschmacke und Geiste geschriebene Werke gehört habe.[10]

Von einem neuen Werk ist nicht die Rede; es ist also keineswegs auszuschließen, dass die Sinfonie schon eher erklungen war. Festzuhalten bleibt, dass sie nicht später als 1807 komponiert worden sein kann.

Ein voller Erfolg war die Leipziger Erstaufführung, die am 29. 09. 1812 statt fand, etwa gleichzeitig mit dem Erscheinen des Stimmdrucks. Der Rezensent der AMZ hebt sie gegenüber den beiden Vorgänger-Werken, gemeint sind op. 9 und op. 14[11], noch besonders hervor:

Jene neue Symphonie (C moll, No. 3., so eben gestochen,) ist eine durchaus rühmenswürdige Composition, noch lebendiger, kräftiger, origineller und ausgearbeiteter, als die beyden ersten Symphonien dieses beliebten Meisters, die doch überall Beyfall gefunden, und eben so heiter, klar und einnehmend, als sie, auch nicht beträchtlich schwerer auszuführen. Nur möchten wir das Andante (besonders in seinem zweyten Theile) etwas abgekürzt wünschen. Jedes gute Orchester kann diese Symphonie als eine wahre Bereicherung seiner Sammlung betrachten; jedes Auditorium wird sie, wie das hiesige, mit Vergnügen hören.[12]

Einige Monate später erschien, ebenfalls in der AMZ, eine ausführliche Rezension des Werkes, die kein Geringerer als E. T. A. Hoffmann verfasst hat.[13] 

In Leipzig wurde das Werk zur meist aufgeführten Sinfonie von Wilms; nach der Erstaufführung erklang sie erneut am 22. 02. 1816 und am 27. 04. 1817.[14]

Bert Hagels

[1] Vgl. Ernst A. Klusen, Johann Wilhelm Wilms. Leben und Werk, Buren 1975, S. 67, und ders., Introduction, in: The Symphony 1720-1840, Series C, Volume XIII, New York/London 1984, S. xxxiii. Der Erstdruck erschien 1823 bei Breitkopf & Härtel in Leipzig. Moderne Partitur: Symphonie voor orkest op. 58, Arnhem 1995.

[2] Klusen, Introduction, a.a.O., S. xxxiii. Moderne Partitur: Symphonie Nr. 7 c-Moll für großes Orchester, hrsg. von Ernst A. Klusen, Köln 2003 (= Denkmäler rheinischer Musik Bd. 24).

[3] Angezeigt im Katalog der Leipziger Michaelismesse 1805; erneute Anzeige im Kaiserlich priviligirten Reichs-Anzeiger vom 02. 02. 1806.

[4] Angezeigt im Intelligenzblatt der AMZ vom März 1808 sowie im Handbuch der musikalischen Literatur, Leipzig: Meysel 1817. Nach freundlicher Mitteilung von Herrn Ernst A. Klusen (Bonn) befinden sich zwei einzelne Stimmen dieses Druckes („Violino Primo“ und „Violoncello e Basso“) zur Zeit im Bestand des Nederlands Muziek Instituut in Den Haag. - Ein vollständiges Exemplar war 1836 noch im Besitz des Verlages Breitkopf & Härtel in Leipzig; vgl. Verzeichnis geschriebener und gedruckter Musikalien, welche am 1. Juni 1836 [...] von Breitkopf & Härtel [...] verkauft werden sollen, Leipzig 1836, S. 62.

[5] Angezeigt im Intelligenzblatt der AMZ vom April 1809; Neuausgabe hrsg. von Ernst A. Klusen in: The Symphony 1720-1840, Series C, Volume XIII, New York/London 1984, S. 71-189.

[6] Für den Herbst angekündigt im Intelligenzblatt der AMZ vom Juli 1812 und im Allgemeinen Anzeiger der Deutschen vom 05. 07. 1812; das endgültige Erscheinen ist angezeigt im Katalog der Leipziger Michaelismesse 1812.

[7] Angezeigt ist sie im Ergänzungsband 1819 des Handbuch der musikalischen Literatur; im Verlagskatalog Hummels aus dem Jahr 1814 ist sie indes noch nicht aufgeführt.

[8] Klusen, Wilms, a.a.O., S. 52f.

[9] Klusen, Wilms, a.a.O., S. 53.

[10] Bemerkungen eines Reisenden über den Zustand der Musik in Amsterdam, in: AMZ X (1807/08), Sp. 366-368; Zitat: Sp. 366.

[11] Zur Aufnahme von Wilms’ op. 9 in Leipzig vgl.hier. Die zweite vor op. 23 in Leipzg bekannte Sinfonie von Wilms war op. 14, wie den Tonarten-Angaben im unten folgenden Zitat zu entnehmen ist; sie wurde am 21. 11. 1811 im Gewandhaus aufgeführt und vom Rezensenten der AMZ als kongeniale Haydn-Nachschöpfung bewertet: „Das sechste Conc. begann mit einer neuen Symphonie von Wilms in Amsterdam, (Es, B, Es,) der durch seine erste schon ein gutes Vorurtheil für diese zweyte erregt hatte. Sie ist, wie jene, in J. Haydns Weise, nicht blos dem Zuschnitt und der Manier, sondern wirklich auch dem Geschmack und Sinne, wenn auch nicht ganz der Arbeit nach, geschrieben, und erinnert nur in manchem Einzelnen gar zu nahe an jenen Meister. Das ganze Werk wird aber, durch muntere, angenehme Ideen, lebhafte, wohlgeordnete Darstellung derselben, nicht oberflächliche Ausführung und sehr vortheilhafte Instrumentirung überall gern gehört werden. Das variirte Andante hat uns am meisten gefallen.Leipzig, in: AMZ XIII (1811), Sp. 830-832; Zitat: Sp. 831. Es fällt auf, dass von der verschollenen Sinfonie F-Dur op. 10, die ein Jahr vor op. 14 im Druck erschien, nirgendwo die Rede ist.

[12] Leipzig, in: AMZ XIV (1812), Sp. 718-726; Zitat: Sp. 724f.

[13] Hoffmann, E. T. A.: [Rez.:] 1. Symphonie à grand Orchestre, composée par C.A.B. Braun. No. 4. […] 2. Symphonie à grand Orchestre, par J.W. Wilms. Oeuvre 23. [...], in: AMZ XV (1813), Sp.373-380. Wieder abgedruckt in: ders., Schriften zur Musik. Singspiele (= Gesammelte Werke in Einzelausgaben Bd. 9), Berlin und Weimar 1988, S. 148-156.

[14] Alfred Dörffel, Statistik der Concerte des Gewandhauses zu Leipzig, Leipzig 1881, S. 77; dort unspezifisch als „Symphonie“ angeführt. Dass es sich tatsächlich um op. 23 gehandelt hat, belegen die Konzertberichte der AMZ; vgl. Leipzig, in: AMZ XVIII (1816), Sp. 273-285; hier Sp. 279; und Leipzig, in: AMZ XIX (1817), Sp. 353-365; hier: Sp. 360. Ein weiteres bei Dörffel angeführtes Datum (24. 11. 1814) konnte indes keinem Werk zugeordnet werden; es dürfte sich aber um eine in Leipzig bereits bekannte Sinfonie von Wilms gehandelt haben, da in den Leipziger Konzertberichten der AMZ neue Sinfonien in der Regel zumindest kurz gewürdigt wurden.

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